Die Geschichte von Schloss Birkenstein

Im Jahr 1514 belehnte Kaiser Maximilian Georg von Rottal und Sigmund von Dietrichstein mit Wachsenegg. Maximilian war der Familie Dietrichstein sehr verpflichtet. Der Vater, Pongraz Dietrichstein, gestorben 1508, hatte sich im Kampf gegen die Ungarn und Türken hervorgetan. Aber vor allem Siegmund Dietrichstein hatte das besondere Vertrauen Maximilians erlangt. Er hatte auch bekanntlich am Werk Theuerdank, das des Kaisers Jugendgeschichte erzählt, mitgearbeitet. 1524 wurde Dietrichstein, der inzwischen Landeshauptmann geworden war, zum Alleinbesitzer von Wachsenegg.

Um 1540 war Georg Kleindienst Vormund der Dietrichstein`schen Erben geworden und in dieser Eigenschaft verwaltete er Wachsenegg-Birkfeld. Die Kleindienst erwarben sich durch den Arsenabbau am Zuckenhut großen Reichtum. Das Haus „Zum roten Krebsen“ in Graz wurde beispielsweise von der Familie Kleindienst erbaut. Für die weitere Entwicklung Birkfelds wurde es in der Folge bedeutungsvoll, dass Adam von Dietrichstein im Jahre 1556 etwa die Hälfte seines Wachsenegger Besitzes an den Burgpfleger Georg von Kleindienst als freies Eigen verkaufte. Das bildete die Grundlage, dass unter den Nachkommen des Georg Kleindienst sen. am 18. März 1571 eine Erbteilung erfolgen konnte, der zufolge Birkfeld aus dem Zusammenhang von Wachsenegg endgültig ausschied.

Der Schlossbau mit Ringmauer

Im Jahre 1571 heißt es jedenfalls, dass das Schloss Pürgkstein mit Meierhof bestand: bei dem Markt Pirkfeld gelegen, wie es mit der Ringmauer umfangen, darin 6 Hausstätt sind, die zusammengebaut worden sind. Zweifellos ging also Georg Kleindienst jun. nach der Erbteilung an die Errichtung einer Birkfelder Schlosswirtschaft mit entsprechendem repräsentativen Schlossgebäude. Damit erhielt der Markt eine kleine Befestigung in der Zeit, da beispielsweise auch in Graz die Befestigungsarbeiten rüstig vorangetrieben wurden.

Die Frage ist freilich, ob vorher in diesem seit 1265 nachweislich so wichtigen Markt Birkfeld in Anbetracht der Verkehrslage keinerlei Wehrbau und Amtshof, wenn auch als Zubehör zu Wachsenegg, vorhanden gewesen sein soll. Was war das „alte Gemäuer“, das Kleindienst erweiterte und ausbaute? Baravalle neigt zur Annahme eines hiesigen mittelalterlichen Wehrbaues und Amtshofes, der einfach Birkfeld geheißen habe. Der spätere Schlossname Pürgkstein verbindet den Ortsnamen mit dem damals vielleicht noch birkenverwachsenen Berghang in prächtiger Weise.

Beim Ausbau des Schlosses verschwanden einige Markthäusl. Eine Quelle besagt ausdrücklich: Der Pentlerin Häusl soll in des Kleindienst Haus verbaut worden sein. Das Schloss war mit einer starken Ringmauer umgeben.

Der Turmgarten grenzt noch heute mit einer mächtigen Befestigungsmauer an den Nachbarn Bachmann-Rath. In dieser Befestigungsmauer sind etwa einen Meter unter dem Niveau noch Schießscharten sichtbar. Der Turmgarten ist aufgeschüttetes Terrain. Der Keller im alten Schlossteil war ursprünglich offenbar Pferdestall, da noch die Fressmuscheln erkennbar sind. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts bekam der alte Schlossteil vielleicht infolge eines Erdbebens Stützmauern. Im Schlosshof wurden bei Grabungen noch Reste einer alten Befestigung gefunden. Der von Georg Kleindienst gebaute Schlossteil hatte noch keine Gänge. Pläne sind keine vorhanden. 1599 kam auch die „neu erbaute Mühle und Säge in Eglsee“ dazu.

Um 1632 gab es im Schloss laut Leibsteuerliste folgendes Dienstpersonal: 1 Schreiber, 1 Müller, 4 Meierknechte und 4 Dienstmenscher. Fischbach hatte von alters her 3 Meierbuben ins Schloss zu stellen (AR 998/82).

Das Inventar von 1631 nach Dietrich von Kleindienst gewährt bereits einen näheren Einblick. Im Schloss befand sich damals ein wertvolles Urkundenarchiv. Beispielsweise waren folgende Akten vorhanden: ein Kaufbrief über das alte Birkfelder Schulhaus (o.D.), über Fischwasser an der Feistritz (1586), ferner betreffend die Vogtei über die Birkfelder Kirche (o.D.), Kaufbrief und Inventarregister der herrschaftlichen Ämter und insbesondere den Markt Birkfeld betreffend.

Als Wertgegenstände zählt dieses Inventar von 1631 nur einen silbernen Kelch in der Kapelle und silberne Löffel, mit C. K. graviert auf. Außer allen Getreidesorten war 1 ½ Startin Wein lagernd. Der Viehbestand war groß: 17 Zugochsen, 7 Milchkühe, 68 Schafe, 18 Ziegen, 1 Stier, 10 Kälber und 17 Schweine.

Das vorhandene Zinngeschirr wog 152 Pfund. In der Rüstkammer zählte man 3 Harnische, 3 Paar Panzer-Ärmlinge, 14 Sturmhauben, 9 Hellebarden, 9 Spieße, verschiedene Musketen (alte Gewehrformen mit Luntenschloss), Feldkessel usw.

Im Schloss war auch eine Badstube mit einem Kessel und Wanne. Für den offenen Herd gab es einen Feuerkessel, dazu kamen mehrere eingemauerte kupferne Kessel. Im Schloss waren damals 37 Spannbetten, etwa 15 Allmären (= Kasten vom lateinischen armarium), 29 Truhen usw.

1633 wurde das Erträgnis des Schlosses Birkenstein (mit den Weingärten in Luttenberg) auf 2247 fl 4 ß 28 pf beziffert. Davon verblieb angeblich ein Reinerträgnis von 525 fl 3 ß 28 pf. Das übrige ging auf Bauverbesserungen am Schloss und Löhne auf. Die Maut zu Birkfeld brachte beispielsweise jährlich 20 fl ein, die zwei Steinbrüche daselbst 13 fl, Mühle und Säge 70 fl, das Erträgnis der Meierei 50 fl, das Landgericht 30 fl, Wildbann und Fischerei 20 fl, der 10. Pfennig bei Besitzveränderungen und die Kanzleitaxen 150 fl, der Getreidedienst weit über 1000 fl, 144 Zins-Lämmer 36 fl; Wein erntete man im Straßganger und Luttenberger Gebiet ca. 19 Startin. Außerdem lieferten die Bauern 181 Hühner, 92 Eier und 10 Pfund Wachs jährlich ab. Die wirtschaftliche Fundierung des Schlosses Birkenstein bewegte sich demnach im Vergleich zu anderen Herrschaften in mäßigem Rahmen.

Die Witwe nach Christoph von Kleindienst, Anna Maria, geb. Steinbeiß, heiratete in zweiter Ehe Thomas Freiherrn von Cassinedi, Herr auf Schloss Bärneck a. d. M. Birkenstein erbte schließlich der Neffe der Schlossherrin, Josef Graf von Steinbeiß. Von diesem Schlossherrn ist zur Behebung der Rechtsfolgen der außerehelichen Geburt ein Legitimationsbrief für einen gewissen Peter Schaffer erhalten. Das Dokument aus 1707 trägt die eigenhändige Unterschrift des Grafen; die Pönformel sieht 200 Mark Gold vor, wer dem Legitimierten trotzdem Nachteiliges zufügen wollte.

Die Schlossherren der neueren Zeit

Mit Kaufvertrag vom 27. Dezember 1707 verkaufte Johann Josef Graf Steinbeiß die Herrschaft Birkenstein dem Max Siegmund Graf von Trauttmansdorff. Der Kaufpreis betrug 80.000 fl. Damit erhielt Birkfeld ein berühmtes Geschlecht als Grundherren. Die Trauttmansdorffer kämpften bereits ehrenvoll 1278 auf dem Marchfeld, wo der Böhmenfürst Ottokar das Leben verlor und König Rudolf I. von Habsburg als Sieger hervorging. Dieses Geschlecht wurde auf dem Reichstag zu Regensburg 1654 zu Reichsgrafen erhoben.

1730 erbten die Herrschaft Birkenstein Ernst Sigmund von Trauttmansdorff, 1749 Max Graf von Trauttmansdorff und 1777 Weickard Konrad Graf Trauttmansdorff.

Nach einem Trauttmansdorffer Schlossinventar aus 1773 wurde die Herrschaft damals mit den Gülten, Waldungen, Grundstücken und mit der Mühle auf 66.849 fl geschätzt. Die Ausstände der Untertanen betrugen allein 4.857 fl. Im herrschaftlichen Stall standen 7 Pferde und sehr viel Rindvieh. Die Aussaat an Korn und Hafer betrug 179 Metzen. Die ungeheure Menge an vorhandener Leinwand wurde mit 377 fl bewertet.

Damals zählte man im Schloss etwa 28 Zimmer, darunter auch die Kapelle und die alte und neue Apotheke. Konrad Weickard Graf von Tauttmansdorff übernahm Birkenstein 1778 um 94.031 fl.

In der Folge wechselten die Besitzer von Birkenstein sehr rasch. Am 6. März 1809 kaufte die Herrschaft Sebastian Rosenkart, der sie am 4. September 1810 an August Freiherrn von Steigentesch weitergab. Er war k. k. Oberst. Unter ihm wurde das Schlossgebäude innen und außen unter großem Kostenaufwand einer gründlichen Renovierung unterzogen. Mit 1. Juli 1812 wurde Christian Theodor Freiherr von Forstern hiesiger Schlossherr. Im Kaufvertrag wurde ausdrücklich das k. k. Oberbergamt zu Leoben unterstehende Radwerk und der Schmelzofen erwähnt. Die Bibliothek wurde nicht mitverkauft. Forstern ging in Konkurs. Bei der am 9. Mai 1815 abgehaltenen Versteigerung boten Dr. Wagner, Wien, und Freiherr von Steigentesch für die Herrschaft und den Schmelzofen 106.000 fl. Die Meistbotrechte wurden jedoch an Franz Ritter von Schuster, k. k. Rittmeister, abgetreten.

Bereits am 28. Oktober 1820 verkaufte auch Ritter von Schuster. Im Stall standen damals 10 Kühe, 1 Stier, 4 Zugochsen. Der Kaufpreis betrug 120.000 fl Wiener Währung, beziehungsweise 48.000 fl Conventionsmünzen.

Als Käufer trat der Kämmerer Ludwig Gabriel Graf von Manneville auf.

Graf Manneville nahm Bauverbesserungen am Schlosse vor: er ließ die offenen Gänge zumauern und mit je zwei Fenstern pro Bogen versehen. Im Zuge der Barockisierung wurden im 1. Stock des gesamten Schlosses die steinernen Renaissance-Fenster und Türstöcke entfernt.

Als Ludwig Gabriel Manneville am 14. Juni 1832 starb, waren beispielsweise unter den Aktivforderungen an französischen Renten 65.225 fl verzeichnet. Das ist auffallend und legt die Frage nahe, woher stammten die Manneville?

Die Familie Manneville reicht bis in die frühe englische Geschichte zurück. Geoffrey Sir of Mandeville (Manneville) war Gouverneur des berühmten Tower in London, also jener Zitadelle in der Londoner Altstadt, welche unter Wilhelm dem Eroberer im 11. Jahrhundert erbaut wurde, zuerst Residenz der englischen Könige und dann Staatsgefängnis war; heute ist es ein Museum. Der englische Kreuzfahrer König Richard Löwenherz war bekanntlich im Bergschloss zu Dürnstein 1193 kurze Zeit gefangen gehalten, einstweilen gab es in England erbitterte Thronkämpfe. Damals gelang es den Manneville sich als Grafen von Essex, einer Grafschaft nordöstlich von London, sesshaft zu machen. Im Erbfolgekrieg, dem sogenannten Hundertjährigen Krieg zwischen England und Frankreich, etwa von 1328 – 1453, fiel 1371 ein Sir John Manneville beim Fort Mont St. Albans.

Seit dem 15. Jahrhundert ist die Familiengeschichte der Manneville lückenlos nachweisbar. Die Adeligen mussten bekanntlich die Adelsproben erbringen, also den Nachweis, dass durch 32 Vorfahren zurück kein Bürgerlicher in irgendeinem der Stammbäume aufscheine. Für die Manneville bestätigte diese Adelsproben 1598 die Französische Diözese Bayeux. Die Adelsproben erwiesen insgesamt sechs Linien der Ritter von Manneville (Cambray, Bessin, Caen, Livry, Bayeux und Messire, Yvetot bei Beaumont). Im 17. Jahrhundert saßen die Manneville in der französischen Normandie; im 18. Jahrhundert treffen wir sie als Räte und Sekretäre der Könige in Versailles und Paris.

1789 brach bekanntlich die Französische Revolution aus, welche in der Folge die Aufhebung der Adelsrechte, die Flucht der Aristokraten, 1792 die Ausrufung der Republik und 1793 die Hinrichtung des Königs brachte. Auch Gabriel Francois Graf Manneville traf das harte Los. Er war Vicomte (= französischer Adelstitel) de la Croix et du Mesnil in der Landschaft Picardie und Sieur de Belledalle in der Gegend von Boulogne; außerdem war er Major des französischen Garderegimentes. Nun musste er mit seiner jungen Gattin Adelaide Gräfin Le Duc, dem fünfjährigen Söhnchen Gabriel Louis und den zwei Töchtern aus Frankreich fliehen. Das Furchtbarste aber war, dass die beiden Töchter in Frankfurt am Main, der Stadt mit dem berühmten Kaisersaal, geziert mit den Bildnissen sämtlicher deutscher Kaiser, an den Blattern (Pocken) starben. Das Übergreifen des Ausschlages auf die Schleimhäute in der Mund- und Rachenhöhle führte damals meist zum Erstickungstod. Mit Erlaubnis des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm II. (1744 bis 1797) zog Graf Manneville hierauf in die Gegend von Bayreuth; schließlich aber ließ er sich in Olmütz nieder, der damals zweiten Hauptstadt der österreichischen Markgrafschaft Mähren mit seinem prächtigen Rathaus. Graf Manneville starb 1811, dem Jahr des österreichischen Staatsbankrottes, in Brünn. Der Sohn Gabriel Louis war inzwischen Rittmeister im österreichischen Heer geworden; 1805 nahm er an der Schlacht bei Austerlitz, dem Ort der Dreikaiserschlacht in Mähren, teil.

Nach der Restauration des Königtums in Frankreich kehrte Gabriel Louis Manneville wieder nach Frankreich zurück. Ludwig XVIII. (1815-1824) entschädigte ihn für die in der Revolutionszeit enteigneten Güter und erstattete ihm einen Teil der 25.000 Livres zurück, die er während der Revolution dem Kronprätendenten zur Verfügung gestellt hatte. (Livres = Pfund, bis 1796 französische Münzeinheit). Mit Patent vom 25. Dezember 1816 wurde dem Grafen Manneville unter Beibehaltung der französischen Staatsbürgerschaft gestattet, in österreichischen Heeresdiensten zu verbleiben. Nur an Kriegen gegen Frankreich durfte er sich nicht beteiligen.

Mit den Geldern aus dieser Wiedergutmachung, die natürlich in keinem Verhältnis zum ehemaligen Reichtum standen, bemühte sich Gabriel Louis von Manneville, in Österreich ein Gut anzukaufen. Von einem Makler in Venedig wurde ihm die an sich kleine Herrschaft Birkenstein angeboten. Zwei Gründe scheinen für die Erwerbung ausschlaggebend gewesen zu sein. Einmal war das Leben fernab der Kaiserstadt am Lande billiger und zweitens mag eine in Paris angeknüpfte Freundschaft mit der freiherrlichen Familie Gudenus mit ein Beweggrund gewesen sein, in der Weizer Gegend sesshaft zu werden.

Mit einer prachtvoll ausgestatteten Urkunde vom 16. Jänner 1821 wurde Gabriel Louis Manneville in Anbetracht seines alten Adels und seiner Verdienste um das Haus Österreich und nicht zuletzt als steirischer Gutsherr in die steirische Landschaft aufgenommen. 1826 vermählte sich Manneville in der von Fischer von Erlach, dem genialsten Baukünstler Österreichs, in den Jahren 1713 – 1737 erbauten und von seinem Sohn vollendeten Karlskirche in Wien mit Maria Clementine Freiin von Raglovich; diese war eine Tochter des bayrischen Generals der Infanterie und Generalquartiermeisters Carl Freiherrn von Raglovich zu Rosenhof, Landstand in Görz und Inhaber der Reichslehen zu Fiumicello und Viletti bei Görz. Gabriel Ludwig (Louis) von Manneville starb 1832 in Wien.

Die Hälfte der Herrschaft Birkenstein erbte die Witwe Manneville, die sich in zweiter Ehe 1838 mit Moriz Ritter von Kaiserfeld vermählte.

Auf diese Weise wurde Kaiserfeld Gutsherr von Birkenstein. Kaiserfeld wurde 1811 in Pettau geboren, vollendete 1832 das Studium der Rechtswissenschaft, trat einige Jahre später als Justitiar bei Gudenus auf Thannhausen ein und wurde schließlich 1837 Verwalter der Herrschaft Birkenstein.

Nach der erwähnten Eheschließung entfaltete Kaiserfeld als Gutsherr und Industrieller von Birkfeld, aber noch mehr als Schriftsteller, Politiker und endlich als steirischer Landeshauptmann eine ungemein segensreiche Tätigkeit.

1839 entspross aus der Ehe ein Sohn. 1844 unternahm Kaiserfeld eine Reise, die ihn nach Prag, Dresden, Leipzig, Frankfurt a. M., in die Niederlande und nach Frankreich führte. Reisen bildet bekanntlich, wenn man mit dem entsprechenden Wissen und der nötigen Auffassungskraft reist. Das Jahr 1848 brachte den Märzaufstand in Wien, die Abdankung und die Flucht Metternichs und den Regierungsantritt Kaiser Franz Josefs I. Die feudale Ordnung hatte nun ein Ende und an die Stelle der Herrschaftskanzlei traten Gericht und Bezirkshauptmannschaft. Für die Ablösung der urbarialen Leistungen an die ehemalige Grundherrschaft wurde eine Kommission aufgestellt.

Moritz Ritter von Kaiserfeld

Kaiserfeld wurde 1848 in den provisorischen steirischen Landtag gewählt. Auch der Ablösungskommission gehörte er an. Seine Devise lautete: „Die Freiheit hat ihre Schranken und diese sind das Recht.“ 1849 weilte Kaiserfeld als Abgeordneter der Steiermark im Parlament zu Frankfurt. Dort sollte unter dem Vorsitz des Prinzen Erzherzog Johann in der Paulskirche die deutsche Reichsverfassung festgelegt werden. Seine enttäuschenden Eindrücke hat Kaiserfeld in vier Artikeln „Aus der Paulskirche“ niedergelegt. Kaiserfeld stand am 21 Juni 1849 auch an der Wiege der Gründung des Zweigvereines des Historischen Vereines für Steiermark. Anfang 1850 wurde Kaiserfeld auch Bürgermeister von Birkfeld. Besonders von 1854 – 1860 entwickelte Kaiserfeld eine rege politische Tätigkeit als Schriftsteller. 1861 wurde er für die Bezirke Birkfeld, Weiz, Gleisdorf steirischer Landtagsabgeordneter. Kaiserfeld wurde auch Reichsratsmitglied in Wien.

Als Kaiserfeld am 15. November 1863 die Rede bei der Errichtung der medizinisch-chirurgischen Fakultät an der Grazer Universität hielt, sagte er: „Die Universität zu meiner Zeit war nicht für die Wissenschaft, sie war für den Staat geschaffen worden. Heute sind Wissenschaft und Lehre frei. Der Professor von heute liest mehr nach jenen Heften, den ängstlich zensurierten, welchen der Geist entflohen war… und kein Ketzer ist er mehr, wenn er das Walten in der Natur wissenschaftlich erklärt; sie werden aber auch in jeder Lebensstellung den Geist dieser Zeit segnen, ihn pflegen, schützen, verteidigen und in heiliger Andacht hüten, damit es nimmer werde, wie es war.“ Das war der Geist vom Geiste des Birkfelder Schlossherrn! Das Ehrendoktorat der Grazer juridischen Fakultät im Dezember 1864 war der Dank der Alma Mater für diese Haltung.

Als Kaiserfeld das Gebiet der Ennsregulierung bereiste, schrieb er von Admont aus an einen Freund: „Unser Land ist so schön, bereiten wir es für die Zukunft vor, indem wir es lehren, von sich selber Alles zu erwarten. Deshalb glaube ich, ich bin in der Steiermark mehr wert als dort, wo sich die Clique mit dem Vaterland verwechselt.“

1867 erfolgte der sogenannte „Ausgleich“ mit Ungarn: Ungarn wurde als gleichberechtigtes Königreich mit selbständiger innerer Verwaltung und Gesetzgebung der österreichischen Reichshälfte zur Seite gestellt. Das machte Kaiserfeld sehr besorgt. Er schrieb damals: „ Das Haus Habsburg, welches Ungarn und seine Nebenländer besitzt, die nicht eine Westmark Rußlands werden dürfen, und das auch durch seine deutschen Erblande Fuß in Deutschland hat, hat einen Beruf, an den es sein Alles setzen muss.“ Der Kampf um die Vorherrschaft in Deutschland wurde in der Schlacht bei Königgrätz gegen Österreich entschieden. Die Nachricht von der Katastrophe bedrückte Kaiserfeld, zumal sein einziger Sohn damals verwundet wurde.

Moriz Ritter von Kaiserfeld war schließlich von 1871 – 1884 Landeshauptmann der Steiermark. Auch die Landeshauptstadt hat in Dankbarkeit nach Kaiserfeld eine Gasse benannt. Der Schlossherr  starb auf Schloss Birkenstein am 14. Februar 1885. Mit ihm verlor die Steiermark einen großen Patrioten. Seine Gattin war bereits 1871 gestorben. Beide fanden auf dem alten Friedhof neben der Kirche ihre letzte Ruhestätte. Der Grabstein ist noch in der Kirchenmauer zu sehen.

Das Schloss Birkenstein hatte aber die Tochter Maria Anna Gabriele Gräfin Manneville in die Ehe mitbekommen, als sie sich am 24. Juni 1856 mit Hermann Reichsgraf Wurmbrand-Stuppach auf Schielleiten vermählte. Aus dieser Ehe entspross der  Sohn Franz Wurmbrand-Stuppach. Dieser nahm 1882 Gabrielle Freifrau von Stadl, die letzte dieses erlauchten Geschlechtes, zur Gattin. Und aus dieser Ehe entspross die Tochter Johanna. Sie hatte sich mit Marchese Antonio Tacoli vermählt. Damit kam zum französischen nun auch ein bedeutendes oberitalienisches Geschlecht auf Birkenstein. Das Schloss Schielleiten wurde aus dem Familienbesitz verkauft und als Bundessportschule, heute eine der modernsten Europas, eingerichtet.

Blättern wir nun auch ein wenig in der Familienchronik der Tacoli. Sie ist nicht weniger interessant als die der Manneville. Zu diesem Zwecke müssen wir uns in die Lombardei begeben, dem Landesteil Oberitaliens am mittleren Po, fruchtbar und mit dem Hauptort Mailand; sie war seit 1714 österreichisch. Aus diesem oberitalienischen Raum von Reggio Emilia stammen die Tacoli. Sie sind durch eine glückliche Fügung hier vom 12. Jahrhundert bis heute lückenlos nachweisbar. Von den Langobarden besiedelt, wurde der Raum 951 ein Teil des Deutschen Reiches; im 11. -13. Jahrhundert war der lombardische Städtebund auf Seiten der Päpste gegen den Kaiser. Hier gründete die Familie Tacoli im 12. Jahrhundert in Reggio eine Kapelle. Da darüber mit dem dortigen Bischof Streit entstand, stellte die Familie das Heiligtum unmittelbar unter den Heiligen Stuhl. Die ursprüngliche Kapelle wurde zur prächtigen Kirche S. Giacoma maggiore ausgebaut, was abermals zu Konflikten mit dem Bischof führte. Gerade dieser Streit brachte es aber mit sich, dass die Familie Tacoli alle Dokumente, Rechtstitel und Urkunden sorgsam hütete und dass nicht nur im bischöflichen Ordinariat Reggio, sondern auch im Vatikanischen Archiv eine Unzahl von Unterlagen vorhanden ist. Im 17. und 18. Jahrhundert wurden über das Patronatsrecht der genannten Kirche größere Abhandlungen verfasst.

Die Familie Tacoli erfreute sich entsprechender Standeserhöhungen. 1710 wurden sie zu Grafen von Valdalbero und 1723 zu Marchese (= italienischer Adelstitel eines Markgrafen) von San Possidonio erhoben. Ihr Wappen ist ein von Silber zu Rot geteilter Schild mit einer Dohle.

Im vorigen Jahrhundert standen die Tacoli im Hofdienst der Herzoge von Modena. Das war früher ein souveränes Herzogtum. Dort war die Familie Este herrschend, die sich in eine italienische und deutsche Linie teilte. Von 1803 – 1860 war das Herzogtum unter der Herrschaft Österreich-Este. Bekannt war ja der 1914 ermordete Thronfolger Franz Ferdinand-Este. 1860 schloss sich eine modenesische Nationalversammlung dem vereinten Italien an. Die Tacoli verließen also  zusammen mit dem Herzoghof diese südliche Stadt. Sie gingen mit  der Herzogin von Modena als Obersthofmeister nach Wien, wo sie kaiserliche Kämmerer wurden.

Mehrere Zweige des Geschlechtes Tacoli, die nicht in Diensten des Hofes zu Modena standen, verblieben in Italien und blühen heute noch dort. Die Tacoli von San Possidonio sind mit vielen geschichtlich bedeutungsvollen Geschlechtern verwandt: mit Vendramin aus Venedig, den Prinzen Chigi, mit den Colonna-Sciarra-Barberini, aus denen Päpste, Kirchenfürsten und Diplomaten hervorgegangen sind. Mit den Grafen von Tacoli kam ein hervorragendes, uraltes Geschlecht nach Schielleiten beziehungsweise Birkenstein.

1916 stirbt Antonio Tacoli auf Grund einer Kriegsverletzung im Lazarett. Er erlangte vor allem dadurch Berühmtheit, da er der erste Mann war, der im Österreichischen Militärdienst ein Duell verweigerte.

Johanna und Anton von Tacoli hatten fünf Kinder; der jüngste Sohn Alfons fiel 1944 im albanischen Gebiet bei Valona.

1934 übernahm der zweitälteste Sohn Gherardo Tacoli (1911-1996) gemeinsam mit seiner Mutter die Betriebsführung der Herrschaft Birkenstein. Im Jahr 1965 ist Marchese Gherardo Tacoli Obmann der 700 Jahr-Feier der Marktgemeinde Birkfeld.

Gherardo Marchese Tacoli stirbt am 21.12.1996.

Alexander Marchese Tacoli übernimmt von seinem Vater die Herrschaft Birkenstein.

So zeigt dieser kurze Überblick über die Schlossherren der neueren Zeit, dass hier in der Stille des Feistritztales, auf den grün umwobenen Höhen von Birkenstein, wahrhaft europäische Familien, welche die besten Traditionen Englands, Frankreichs und Italiens  in ihrem Blute tragen, eine Heimat gefunden haben.